Weshalb vertrauen wir eigentlich Menschen die wir kennen, meist viel mehr als unbekannten Menschen? Zum einen wegen unseren positiven Erfahrung und zum anderen wegen des Mere Exposure Effekt. Durch das Wissen dieses Effekts können wir ab dem ersten Moment eine Vertrauensbasis herstellen, obwohl unser Gesprächspartner noch keine Erfahrung mit uns hat. Wie ist das möglich?

Wenn ich zu meiner potenziellen Kundin Frau Möller fahre, die sich noch nicht im Netz nach mir erkundigt hat, so bin ich für Frau Möller eine fremde Person. Wenn ich allerdings zu Frau Möller fahre, der ich vorher Fotos von meiner Arbeit und mir gesendet haben und diese sich vorher im Netz über mich erkundigt hat, bin ich für diese scheinbar eine bekannte Person. Bekannten Menschen vertrauen einander mehr als Menschen, die sich nicht kennen. Dieser Vertrauensaufbau geschieht in der Regel unbewusst, doch auch diese nur beiläufig aufgenommen Informationen hinterlassen Spuren im Gedächtnis, welche immer auch unser Verhalten beeinflussen.

Nur warum überhaupt das Augenmerk auf nicht bewusste Wahrnehmung legen?

Ein Grund dafür besteht in der Tatsache, dass nur ein sehr geringer Anteil der Reize vom Menschen bewusst wahrgenommen werden kann, während der Großteil unbewusst bleibt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass unsere Sinne ungefähr 11 Millionen Informationseinheiten (Bits) pro Sekunde verarbeiten, während wir bewusst nur etwa 50 Informationseinheiten pro Sekunde verarbeiten können. Könnten wir also auch die unbewusste Informationsverarbeitung nutzen, stellt dies einen enormen Zugewinn für unsere Kommunikation dar. Jeder kennt Mark Zuckerberg, da er im Netz immer wieder vor uns auftaucht und doch würde jeder bestreiten, ihm bewusst zu vertrauen. Und doch tun dies Millionen von Menschen, in dem sie ihm eine Vielzahl persönlicher Informationen anvertrauen.

Zurück zu Frau Möller. Nach unserem ersten digitalen Kontakt schickte ich Frau Möller eine E-Mail mit meinem Exposé, in welchem ich durch Fotos von mir meine Arbeit darstelle. Im Anschluss an meine E-Mail ist sie zu LinkedIn und hat geschaut, was ich dort so treibe. Jedes Mal sah sie ein Foto von mir. Am Schluss ihrer Recherche wanderten ihre Finger noch kurz zu Instagram und auch hier erhielt sie noch einmal einen Eindruck von mir und meiner Person als Mensch im Rapsfeld und in Regenjacke und beim Dreh mit dem NDR.

Bevor wir also überhaupt aufeinander trafen, sah sie mindestens 20-mal mein Konterfei. Somit wurde ich für sie, von einer unbekannten zu einer bekannten Person, was unsere Vertrauensbasis um ein Vielfaches verbesserte. Verantwortlich hierfür ist der Mere Exposure Effekt.

Der Mere Exposure Effekt

Er wurde ursprünglich von Zajonc (1968) dokumentiert und ist seither in über zweihundert Experimenten untersucht und betätigt worden. Er besteht darin, dass bekannte Personen mehr akzeptiert oder gemocht werden als weniger bekannte Personen (egal ob digital im HR Bewerbungsprozess oder präsent im langersehnten Teammeeting), dass etwas, das ursprünglich ungewohnt war, ausschließlich durch wiederholte Exposition eine günstigere Beurteilung erfährt.

So kam Zajonc in seinen Untersuchungen zu dem Schluss, dass die mehrfache Darbietung eines Reizes in unserem Fall das Foto meines Konterfei, als Bedingung für die Verbesserung der Einstellung gegenüber diesem Reiz gesehen werden kann. Je öfter der jeweilige Stimulus dargeboten worden war, umso positiver wurde er anschließend von den Probanden beurteilt.

Ein kleines Gedankenspiel:Du bist im Rekrutment tätig und machst ein Videointerview mit einem potentiellen Bewerber*in. Ihr kennt euch nicht und dein Konterfei ist auch nirgends auf der Website deines Unternehmen zu sehen. Stattdessen viele Informationen und wenig Menschen. Auch der Blick in die sozialen Medien gibt nur Fotos zu den Angeboten und auch hier sind keine Menschen zu sehen. Alles völlig menschfrei.

Bekannte Menschen versus unbekannte Menschen. Wo liegt also der Vorteil für unser Business?

Wirst du bereits auf der Website deines Unternehmens oder in den sozialen Medien erblickt, hast du bereits vor dem echten Treffen den Status „bekannt, wodurch du es später in der Überzeugungsarbeit wesentlich leichter hast und von Beginn an, eine positive Bindung, wie auch Vertrauen herstellen kannst.

Das könntest du tun:

  1. Zeige Fotos von dir auf der Website, statt käufliche Modells zu verwenden, die nichts mit deinem Business zu tun haben.
  2. Zeige dich mit deinem Konterfei auf allen wichtigen sozialen Plattformen, bevor du dich mit einem Bewerber triffst. Du traust dich nicht? Dann hätte ich hier noch einen Tipp für dich.
  3. Falle nicht mit der Tür ins Haus und gebe den potenziellen Bewerbern Zeit sich an dich zu gewöhnen, in dem du als Mensch bereits vor dem eigentlichen Bewerbungsprozess  in Erscheinung trittst.

Derselbe Effekt tritt übrigens beim Konterfei deines Spiegelbildes auf. Das siehst du täglich und so magst du dich dort im Spiegel viel lieber leiden, als auf Fotos die andere von dir gemacht haben. Aus diesem Grund wird die Frontkamera deines Smartfone auch immer gespiegelt. Verrückt was?

Hierzu gibt es übrigens einen Beitrag auf Bayern 1.